Drohverlustrückstellung
Als Unternehmer ist Ihnen die Situation vielleicht bekannt: Das Geschäft mit Ihrem Vertragspartner ist bereits eingeleitet, der Abschluss steht jedoch noch aus. Und die Wahrscheinlichkeit der Nichterfüllung ist plötzlich groß. Entsprechend droht Ihnen ein Verlust, für den Sie nach Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) zur Bildung von Rückstellungen verpflichtet sind.
Was ist eine Drohverlustrückstellung?
Bei einem drohenden Verlust aus einem sogenannten schwebenden Geschäft ist der exakte Zeitpunkt noch nicht abzusehen. Ebenso wenig wie die genaue Höhe der erwarteten finanziellen Einbuße. Ihre Schätzung ist daher auf Basis einer realistischen kaufmännischen Beurteilung vorzunehmen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Verlust erst im Folge-Bilanzjahr zum Tragen kommt.
Die Bildung einer Drohverlustrückstellung ist daher nicht möglich, wenn
- das Geschäft bereits abgeschlossen und der Verlust somit bereits realisiert ist.
- es sich um einen einseitig verpflichtenden Vertrag handelt.
Unterschiede zu anderen Rückstellungsarten und Bedeutung schwebender Geschäfte
Drohverlustrückstellungen unterscheiden sich grundlegend von Verbindlichkeitsrückstellungen und Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten. Während Verbindlichkeitsrückstellungen auf bereits in der Vergangenheit entstandenen rechtlichen oder wirtschaftlichen Verpflichtungen beruhen, beziehen sich Drohverlustrückstellungen auf zukünftige Verluste aus noch nicht vollständig erfüllten Verträgen.
Verbindlichkeitsrückstellungen werden gebildet, wenn mehr dafür als dagegen spricht, dass eine Auszahlung im kommenden Geschäftsjahr erfolgen wird, beispielsweise bei Prozessrückstellungen oder Pensionsrückstellungen. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten erfassen Verpflichtungen, deren Eintritt, Höhe oder Fälligkeit ungewiss ist, aber ihren Ursprung bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr haben.
Im Gegensatz dazu werden Drohverlustrückstellungen ausschließlich für schwebende Geschäfte gebildet. Ein schwebendes Geschäft liegt vor, wenn ein gegenseitiger Vertrag abgeschlossen wurde, aber beide Parteien ihre Hauptleistungen noch nicht vollständig erbracht haben. Solche Verträge sind bis zur vollständigen Erfüllung als schwebend zu betrachten. Im Normalfall werden schwebende Geschäfte bilanziell nicht erfasst, da sich Leistung und Gegenleistung wertmäßig ausgleichen. Erst wenn am Bilanzstichtag absehbar ist, dass aus einem schwebenden Geschäft ein Verlust resultiert, muss handelsrechtlich eine Drohverlustrückstellung gebildet werden. Die Rückstellung entspricht dem Verpflichtungsüberschuss, also dem Betrag, um den die eigene Leistung den Wert der Gegenleistung übersteigt.
Die Abgrenzung ist wichtig, da für Drohverlustrückstellungen ein Passivierungsgebot nach Handelsrecht (§ 249 Abs. 1 HGB), aber ein Passivierungsverbot nach Steuerrecht (§ 5 Abs. 4a EStG) gilt. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten sind hingegen sowohl handels- als auch steuerrechtlich zu bilden. Die genaue Unterscheidung stellt sicher, dass Verluste aus schwebenden Geschäften korrekt antizipiert und bilanziert werden, während vergangenheitsbezogene Verpflichtungen als Verbindlichkeitsrückstellungen oder Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten erfasst werden.
Die Rolle des Imparitätsprinzips bei der Drohverlustrückstellung
Das Imparitätsprinzip verlangt, dass Verluste bereits dann in der Bilanz berücksichtigt werden, wenn sie am Abschlussstichtag wahrscheinlich oder absehbar sind, auch wenn sie noch nicht realisiert wurden. Gewinne hingegen dürfen erst dann bilanziert werden, wenn sie tatsächlich eingetreten sind. Dieses Prinzip ist ein zentraler Bestandteil der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) und dient dem Gläubigerschutz, indem es eine vorsichtige und konservative Bewertung der Unternehmenslage sicherstellt.
Im Zusammenhang mit der Drohverlustrückstellung bedeutet das Imparitätsprinzip, dass für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften eine Rückstellung gebildet werden muss, sobald ein Verlust am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist. Das Unternehmen muss also finanzielle Risiken frühzeitig erkennen und in der Bilanz abbilden, um eine zu optimistische Darstellung der Vermögenslage zu vermeiden. Die Passivierungspflicht für Drohverlustrückstellungen nach § 249 HGB ist eine direkte Folge dieses Prinzips.
Drohverlustrückstellung Beispiele
Drohverlustrückstellungen können sich aus unterschiedlichen Vertragsgrundlagen ergeben.
- Müssen Sie einen Mitarbeiter unter regulärer Lohnfortzahlung arbeitsrechtlich freistellen, ist Ihre Buchhaltung zur Ausweisung der Gehaltssumme als Drohverlustrückstellung verpflichtet.
- Übersteigen die veranschlagten Kosten für Ihre Bautätigkeiten den vereinbarten Festbetrag, müssen Sie die Differenz als Drohverlustrückstellung in Ihrer Bilanz angeben.
Typische Buchungssätze für die Bildung und Auflösung der Drohverlustrückstellung
Die Bildung einer Drohverlustrückstellung erfolgt, sobald aus einem schwebenden Geschäft ein Verlust am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist. Der Buchungssatz lautet:
Sonstige betriebliche Aufwendungen an Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften
Beispiel:
Ein Unternehmen erwartet aus einem noch nicht erfüllten Vertrag einen Verlust von 20.000 Euro. Die Buchung am Bilanzstichtag lautet:
Sonstige betriebliche Aufwendungen 20.000 Euro an Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften 20.000 Euro.
Wird der drohende Verlust später tatsächlich realisiert, wird die Rückstellung aufgelöst. Die Auflösung kann auf unterschiedliche Weise erfolgen, je nachdem, ob der tatsächliche Verlust dem Rückstellungsbetrag entspricht, darunter oder darüber liegt:
- Rückstellung und tatsächlicher Verlust sind gleich hoch:
Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften an Aufwand (z. B. Bank, Lieferantenkonto) - Rückstellung ist höher als der tatsächliche Verlust:
Der Differenzbetrag wird als Ertrag gebucht.
Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften an Aufwand (z. B. Bank, Lieferantenkonto)
Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften an Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen - Rückstellung ist niedriger als der tatsächliche Verlust:
Die Differenz wird als zusätzlicher Aufwand gebucht.
Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften an Aufwand (z. B. Bank, Lieferantenkonto)
Periodenfremder Aufwand an Bank (oder Lieferantenkonto)
Arten der Drohverlustrückstellung
Sie finden Vorschriften zur Drohverlustrückstellung sowohl im HBG als auch den sogenannten International Financial Reporting Standards (IFRS)
Drohverlustrückstellung HGB
Nach § 249 Abs. 1 HGB besteht mit der sogenannten Ansatzpflicht eine Passivierungspflicht für Drohverlustrückstellungen. Um den Gläubigerschutz sicherzustellen, muss Ihre Buchhaltung wie folgt vorgehen: In der Bilanz für Vermögensteile gilt es, bei Einnahmen immer den geringsten, bei Schulden stets den höchsten Wert anzugeben.
Drohverlustrückstellung IFRS
Auch nach den internationalen Rechnungslegungsvorschriften der IFRS unterliegen Sie als Unternehmer bei Drohverlustrückstellungen den Regeln der Passivierungspflicht. Sofern ein belastender Vertrag im Sinne des IAS 37.67 einen Verpflichtungsüberschuss für Sie begründet. Als belastend gilt ein Vertrag, wenn Ihre unvermeidbaren Kosten zu seiner Erfüllung den erwarteten ökonomischen Nutzen übersteigen.
Bilanzieren von Rückstellungen aus drohenden Verlusten
Ihrer Buchhaltung stehen bei der Bilanzierung von Drohverlustrückstellungen folgende Möglichkeiten offen:
- Liegen die Wiederbeschaffungskosten oder der Marktpreis unter dem vereinbarten Kaufpreis am Bilanzstichtag: Dann ist die Drohverlustrückstellung über das Umlaufvermögen zu bilden.
- Voraussetzung für eine Drohverlustrückstellung über das Anlagevermögen: Eine dauerhafte Wertminderung zwischen dem ursprünglich vereinbarten Zahlungstermin und dem Wert des Vermögensgegenstandes am Bilanzstichtag.
Drohverlustrückstellung und die Steuerbilanz
Trotz eines grundsätzlichen steuerlichen Passivierungsverbots künftiger Risiken gemäß § 5 Abs. 4 a Einkommenssteuergesetz: Sie können Ihre Drohverlustrückstellungen in Ihrer Steuerbilanz passivieren, sofern die Risiken nach ihrem Eintritt nicht steuermindernd berücksichtigt werden müssen.
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